Mit Weihnachten haben sie eigentlich gar nichts zu tun, der König und die Königin. Im Mai dieses Jahres haben die beiden die Werkstatt des Künstlers Ralf Knoblauch in Bonn verlassen und eine Heimat in Bielefeld gefunden. Sie im AWO-Frauenhaus und er im CityKloster.
Seitdem berühren sie Menschen. Wie Hunderte ihrer königlichen Geschwister in Deutschland und inzwischen sogar weltweit. Botschafter der Menschenwürde sind sie.
Sie berühren. Und häufig werden sie berührt.
Es sind stille Begegnungen, oft wortlos, aber sprechend.
Da fließen manchmal Tränen, wenn jemand den König oder die Königin berührt, auf den Arm nimmt, an die Wange hebt und vielleicht spürt:
Ganz tief in mir, da gibt es diese unauslöschliche Würde, und wenn sie noch so verborgen ist. Durch meinen eigenen lieblosen, rücksichtslosen Umgang mit mir selbst und anderen. Oder wenn ich meine Würde vergessen habe, weil andere mich kleinmachen oder respektlos behandeln, über mich herfallen und erniedrigen.
Die Königin im Frauenhaus könnte schon so viel erzählen von ihren Begegnungen mit Frauen, die das erlebt haben, die sich wertlos und ausgeliefert fühlen. Aber wenn sie die Königin anschauen und die Königin in sich selbst entdecken, dann geschieht es manchmal, dass sich eine Frau aufrichtet und den Funken Mut und Leben und Stolz in sich spürt. Eine Frau hat der Königin sogar eine selbstgebastelte Perlenkette umgelegt.
Ich erinnere mich dankbar an die Begegnung mit einem alten Ehepaar beim Ausflug mit unserem König zum Klostermarkt in Dalheim: sie so erschöpft mit müdem Blick, er im Rollstuhl - gezeichnet von seiner fortschreitenden Krankheit. Der Mann ist ganz fasziniert, streckt mir die Arme entgegen, weil er den König auf den Arm nehmen und streicheln möchte. Das tut er ausgiebig, zärtlich.
„Darf ich den König auch einmal halten?“, fragt seine Frau, nachdem er ihn mir mit zitternden Händen, aber leuchtenden Augen zurückgibt. Sie nimmt ihn auf den Schoß, schaut ihn an, minutenlang. „Manchmal“ raunt sie mir später leise lächelnd zu, „manchmal vergesse ich, dass mein Mann eine Würde hat. Der König hat mir geholfen, sie wiederzuentdecken.“
Die Würde im anderen entdecken. Den inneren Glanz.
Und so miteinander umgehen als würden wir uns innerlich voreinander verneigen. Das ist das, was wir zum Frieden in unserer friedlosen Welt beitragen können. Jeden Tag.
Wir könnten es neu versuchen. Und entdecken, wie das Sakrament der Begegnung wirkt.
Vielleicht haben die beiden Königsfiguren ja doch mit Weihnachten zu tun.
Eine gesegnete Advent- und Weihnachtszeit!
Ihre
Bärbel Lödige